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Balou: Hallo Sebastian, vielen Dank das du dir die Zeit nimmst, mir für „Nur meine Meinung“ ein paar Fragen zu beantworten. Würde man deinen besten Freund bitten dich mit 3 Wörtern zu beschreiben, was denkst du welche das wären?
Sebastian: Wow, das ist mal eine Einstiegsfrage…(zwinkert) Ein ehemaliger Kollege von mir und guter Freund hat mich mal in einem Wort versucht zu beschreiben und nannte mich einen „Caretaker“. Ich denke, das trifft es recht gut. Sowohl in Hinsicht auf Aufgaben und Herausforderungen, als auch in Hinsicht auf Menschen.
Balou: Ihr habt das erste Jahr der Ravens, aus meiner Sicht sehr erfolgreich, hinter euch gebracht. Nach der Reflexion dieses ersten Jahres, was waren die wichtigsten Take-aways für das Franchise und für dich in deiner Position als GM?
Sebastian: Ich habe vor allem zwei Dinge mitgenommen aus dieser ersten Saison. Zum einen: München, beziehungsweise Bayern war und ist bereit und dankbar für die ELF. Es gab so viele Kritiker und Nörgler, die meinten, dass dies kein geeigneter Standort für Football sei. Ich denke die erste Saison hat gezeigt, dass sie Unrecht hatten. Zum anderen ist bei mir hängengeblieben, wie viele großartige Menschen unser Abenteuer unterstützen und überhaupt erst möglich machen. Ich hab ein großartiges Team um mich herum: Und damit meine ich nicht nur meine Kollegen, die Coaches und Spieler. Ich rede von den vielen Volunteers, die so unglaublich für die Ravens brennen. Ich rede von unseren Partnern, die mit einer solchen Leidenschaft hinter uns stehen.
Balou: Ihr seid in München offenbar gut angenommen worden, schaut am z.B. auf den Zuschauerschnitt von gut 5000 Zuschauern pro Heimspiel. Trotzdem stelle ich mir die Frage, wie schwer ist es Sponsoren zu gewinnen, als komplett neues Franchise und welche Argumente führt man da ins Feld, wenn das Team noch keinen Snap gespielt hat?
Sebastian: Sponsoren zu finden war und ist keine einfache Aufgabe. Wir hatten das Glück, von Anfang an einige Partner an unserer Seite zu haben, die an uns und unsere Vision glauben. Das ist nicht selbstverständlich und daher kann ich auch gut verstehen, dass viele Firmen, mit denen wir gesprochen haben, erst einmal abwartend reagiert haben. Schließlich saßen wir im übertragenen Sinne mit einem weißen Blatt Papier vor ihnen. Alles, was wir präsentieren konnten, waren Zahlen anderer und eine Idee. Mit dem erfolgreichen ersten Aufschlag hoffen wir natürlich, dass wir die Anzahl der Partner in den kommenden Monaten deutlich erhöhen können.
Balou: War da bei der der Sponsorengewinnung nach den ersten Spielen ein Unterschied zu merken, wo man das Event mal fassen und auch zeigen konnte?
Sebastian: Jein. Natürlich haben wir viel positives Feedback erhalten. Aber zu diesem Zeitpunkt waren die Budgets natürlich größtenteils längst verplant. Also es hatte kaum direkten Einfluss. Aber es hat uns auch Türen geöffnet.
Balou: Wie war während und nach der Season die Resonanz in München, von Fans, Sponsoren, involvierten Unternehmen (Catering z.B), der Stadt und vielleicht auch Sportvereinen?
Sebastian: Die Resonanz war von Anfang an sehr positiv. Natürlich hatten wir beim ersten Heimspiel ein paar Baustellen. Es hätte mich aber auch überrascht, wenn alles reibungslos funktioniert hätte. Ich denke jeder, der mal eine Großveranstaltung organisiert hat, weiß, dass es nie ganz perfekt laufen wird. Die Tatsache, dass wir die Kritik nach dem ersten Spiel nicht nur angenommen, sondern die Punkte auch angegriffen und verbessert, beziehungsweise verändert haben, stärkte die positiven Rückmeldungen nur noch.
Balou: Ein großes Thema um die Liga, waren zuletzt die Anzahl der E-Spots. Aus sportlicher Sicht, um z.B. Lücken zu schließen wo es an Homegrown Talent fehlt, ist eine höhere Zahl an E-Spots (also weiterhin 6 statt auf 4 zu reduzieren) sicherlich wünschenswert. Aus wirtschaftlicher Sicht könnte ich mir aber vorstellen, sind zwei E-Spots mehr, auch mehr Kosten. Du betrachtest das Thema als GM sicher von beiden Seiten. Wie siehst du die Thematik?
Sebastian: Für mich gibt es da eigentlich nur eine Sichtweise – die sportliche. Gerade für die Teams, die nicht so einen großen Pool an lokalen Talenten haben, sind die zusätzlichen E-Spots sehr wichtig. Und am Ende wollen wir doch alle spannende, attraktive Spiele sehen. Wirtschaftlich machen die zwei Spieler den Kohl nicht allzu fett.
Balou: Du ELF hat ihr Finale vor ausverkauftem Haus in Duisburg (31.500 Zuschauer) gefeiert. Wie hast du das Event erlebt und was erwartest du für das Finale 2024, in der noch mal deutlich größeren Veltins-Arena in Gelsenkirchen?
Sebastian: Es war ein tolles Wochenende mit vielen Events und Aktionen. Man hat gemerkt, wie sehr die Region hinter unserem Sport steht. Das Finale war lange Zeit spannend und unterhaltsam. Definitiv war das Wochenende Werbung für unsere Liga. Was ich vom Finale 2024 erwarte? Natürlich noch mehr Zuschauer. Schon jetzt wurden mehr als 10.000 Tickets fürs Endspiel der nächsten Saison verkauft. Ich bin mir sicher, es wird ein Mega-Event!
Balou: Man bekommt als Fan ab und an mal Zahlen und Einschaltquoten von Pro7MAXX mit, es fällt aber schwer diese einzuordnen. Wie wichtig sind die TV-Übertragungen für euch als Franchise und wie würdest du die Zahlen der Season einordnen, als Erfolg oder eher als durchwachsen?
Sebastian: Die Tatsache, dass die ELF im Free TV empfangbar ist, ist schon an sich ein Mega-Erfolg. Die Zusammenarbeit mit ProSieben läuft super und absolut reibungslos. Ich finde die Zahlen der letzten Saison sehr ansprechend und denke zugleich, dass sie die Zuschauerzahlen im Stadion nur minimal beeinflusst haben. Die Leute haben wieder Lust auf Live-Erlebnisse.
Balou: Lass uns noch einen kleinen Blick voraus wagen, wo siehst du die nächsten großen Herausforderungen für die Ravens und für die Liga?
Sebastian: Die Liga geht in ihre vierte Saison. Meiner Meinung nach muss es vor allem darum gehen, konstant zu arbeiten – auf allen Ebenen. Obwohl die Liga immer noch ein Startup ist, sind wir in einigen Bereichen absolut stark aufgestellt. In anderen haben wir aber noch Nachholbedarf und da gilt es jetzt gute Lösungen zu finden. Für uns als Team geht es weiterhin darum, uns zu etablieren und zu wachsen. Die erste Saison war sehr gut, aber darauf können wir uns nicht ausruhen. Es gibt noch immer genügend Menschen, die noch nichts von uns gehört haben. Das wollen wir ändern.
Balou: Das Thema Merch ist ebenfalls ein unter Fans heiß diskutiertes. Sicher habt ihr da im ersten Jahr auch eure Erfahrungen gemacht. Ich denke, dass ist nicht so leicht, wie man sich das als Fan oft vorstellt. Kannst du die Schwierigkeiten kurz umreißen? Und Profitiert ihr als Franchise finanziell auch von dem Liga eigenen Ravens-Merch?
Sebastian: Merchandise ist ein großer Baustein für uns alle – und eine sehr wichtige Einnahmequelle. Wir waren positiv überrascht vom Zuspruch unserer Fans und werden in Zukunft noch deutlich mehr Merchandise anbieten. Dafür haben wir uns auch schon jetzt personell vergrößert. Was die Liga angeht, ist das Thema sicher einer der Punkte, die ich in der vorherigen Frage angesprochen habe. Wir haben großes Potential und die Fans haben richtig Lust darauf, die Farben ihres Teams zu tragen. Nun gilt es, dieser hohen Nachfrage gerecht zu werden. Ich glaube fest daran, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind für die kommende Saison.
Balou: Wenn du einen Preis für den "unbesungenen Helden" der Franchise oder der Liga vergeben würdest, wer würde den Preis bekommen?
Sebastian: Da bin ich voreingenommen … (zwinkert). Den Preis hätten all meine Kollegen und Volunteers verdient, aber ich würde ihn meiner Familie geben. Ohne die wäre ich nicht hier und ohne die hätten wir viele Dinge nicht so umgesetzt, wie wir es getan haben. Auch wenn sie mich an manchen Tagen verfluchen, stehen sie wie ein Fels hinter mir. Und die wenigsten Menschen wissen, wie stark sie die Munich Ravens prägen. Meine Frau hat unsere Pregame Partys quasi im Alleingang organisiert und auch der VIP-Bereich hätte ohne ihre Hilfe nicht so ausgesehen und funktioniert. Mein großer Sohn ist zwar erst 16, hat aber einen großen Einfluss auf unsere Social-Media-Kanäle und zeigt vielen anderen Teams, wo der Hammer hängt. Das hat er natürlich von Papa gelernt…(lacht). Und auch mein jüngerer Sohn hat viele gute Ideen gehabt und seine Meinung ist immer gefragt, wenn es um Kinder-Themen geht.
Balou: Mein Blog heißt "Nur meine Meinung …", weil ich es wichtig finde, eine eigene Meinung zu haben und gleichzeitig andere zu akzeptieren. Wenn du dir irgend jemand aussuchen könntest (egal ob reale, fiktive oder historische Person), mit wem würdest du gerne mal diskutieren und Meinungen austauschen? Und was wäre das Thema?
Sebastian: Noch so eine schwere Frage… Ich hatte das Glück, durch meine Arbeit viele interessante – und oft auch nicht ganz unbekannte – Menschen kennenlernen zu dürfen. Wer mich aber immer fasziniert hat und wer auch zu Lebzeiten einen unglaublichen Einfluss auf Menschen um ihn herum hatte, war Vince Lombardi. Eine faszinierende Persönlichkeit. Jeder kennt doch mindestens eines seiner Zitate. Ich bin eh ein Fan davon, wie Football früher gelebt und gespielt wurde. Daher hätte ich ihn gern mal getroffen.
Balou: Danke Sebastian, dass du dir die Zeit genommen hast. Ich wünsche dir und den Ravens eine gute Off-Season und eine erfolgreiche Season 2024!
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